Eine Antwort auf „Was bleibt von Derrida-Vergebung + Diskussion“

  1. Nur ein kurzer Kommentar zu Wolfgangs Satz „Strafe [ist] nichts anderes als Wiedergutmachung des angerichteten Schadens“, eine Aussage, die mich doch sehr irritiert.
    Ich weiß nicht, ob und wie weit es aktuell neben der vom Staat, von der Gesellschaft verhängten Strafe die privatrechtliche Kompensation gibt. Aber stell Dir vor, der Scheibeneinwerfer rechnet sich aus, wie teuer ihn das Einwerfen der Scheibe kommt und macht es dann. Und jeder könnte sich ausrechnen, wie viele Zähne auszuschlagen kann ich mir denn leisten, und fängt dann mal an. Die Kompensation beim zweiten oder dritten Zahn kann als Schadensausgleich nicht höher sein als beim ersten.
    Zudem drückst Du Dich ja um eine Aussage zur Kompensation im Falle von Kapitalverbrechen (der Gabentausch ist also extrem aus der Balance gebracht oder das Opfer kann nichts mehr entgegennehmen):
    Kommst Du da an Leben gegen Leben vorbei? Oder reicht es, für die Hinterbliebenen zu sorgen? (Wäre gegebenenfalls ein Fall für die Privatinsolvenz des Täters.)
    Oder keine Kompensation, da die Schuld allemal nie abtragbar ist? Und keine Kompensation kann ein Zurück auf den Stand vor der Tat bewirken.

    Es geht Dir um die Folgen der Tat, aber wir wollen ja nicht, dass die Tat überhaupt geschieht! Und unter diesem Gesichtspunkt scheinen mir die private, persönliche Kompensation und der Umgang (Bereuen, Verzeihung, Aussöhnung …) eher bedeutungslos.

    Um die Missbilligung der Tat durch die Gesellschaft klar zu machen, dazu haben wir das mit Strafandrohung verbietende Gesetz.
    Jetzt könnte man argumentieren: Abschreckung funktioniert nicht, Besserung im Strafvollzug ist zweifelhaft. In manchen Fällen könnte Strafe den Sinn haben, den Täter als irgendwie missratenen Menschen aus dem Verkehr zu ziehen. Keine Ahnung, wo die Diskussion zum Thema steht.
    Aber als Gegenentwurf zu Deinem Strafverständnis ließe sich formulieren:
    Dass die Strafe verhängt wird, ist ein Akt zur Bestätigung der Gültigkeit des Gesetzes.
    Es gilt unbedingt, um nicht zu sagen: rein. Unabhängig und unberührt vom Zahnhandel.

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